Formen des Werdens

Grenze
Unbegrenztes
Mischung

Platon (360 v. Chr. / 1861). Philebos (26A — 26D). Platon Sämtliche Werke (Band 3). Berlin: Lambert Schneider. S.28.

Sokrates: Sind also nicht die Jahreszeiten und alles, was es nur Schönes gibt, uns daraus entstanden,
nämlich aus Zusammenmischung des Unbegrenzten und dessen, was Begrenzung in sich hat?
Protarchos: Wie sollte nicht?
Sokrates: Und so noch tausend andere Dinge, welche ich anzuführen unterlasse, wie außer Gesundheit Schönheit und Stärke, und in den Seelen wiederum gar viel anderes und gar Treffliches. Denn weil ja, mein schöner Philebos, jene Göttin Übermut und sämtliche allgemeine Schlechtigkeit wohlkannte, daß keine Begrenzung weder des Genusses noch der Sättigung in ihnen sei, hat sie Gesetz und Ordnung, welche
Begrenzung in sich haben, festgestellt, und du zwar behauptest, dieselbe bringe herunter, ich aber sage im Gegenteil, sie mache gesund. Du aber, Protarchos, wie erscheint es dir?
Protarchos: Mir, Sokrates, so durchaus vernünftig.
Sokrates: Die drei hätte ich also nun besprochen, dein Einverständnis vorausgesetzt.
Protarchos: Und in der Tat glaube ich es zu verstehen. Eines nämlich, dünkt mir, nennst du das Unbegrenzte; eines aber, und zwar als zweites, die Begrenzung in allem Sein; hinsichtlich des dritten aber habe ich noch nicht recht gefaßt, was du damit willst.
Sokrates: Die Vielheit, du Wundersamer, in den Formen des Werdens der dritten Art hat dich verwirrt. Indessen hat ja auch das Unbegrenzte viele Arten dargeboten, und doch sind die selben mit dem Artzeichen des Mehr und seines Gegenteils versiegelt uns als ein Eins erschienen.