Nicht-Aristotelische trinitarische Logik
Form
Erster Inhalt
Zweiter Inhalt
Günther, Gotthard (1959 / 1991). Idee und Grundriss einer nicht-Aristotelischen Logik. Hamburg: Meiner. |
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Der metaphysische Irrtum der klassischen Logik ist, dass angenommen wird, dass sich die Gegensätze von Ich und Es genau mit denen von Subjekt und Objekt decken. Das ist für einen zweiwertigen Formalismus auch nicht anders möglich. Gemäß dem obigen Schema aber ist Es nicht mit dem Umfang der objektiven Komponente identisch und weder Ich noch Du mit dem Umfang von Subjektivität überhaupt.
Alle drei Grundmotive einer nicht-Aristotelischen trinitarischen Logik, Es sowohl wie Du und Ich, sind Komposita zweier metaphysischer Komponenten. Das Es ist ein Resultat von Objektivität und Ich-Subjektivität. Das Du ist ein Resultat von Objektivität und Du-Subjektivität, und das Ich ist schließlich aus einem Anteil von Ich-Subjektivität und einem zweiten Anteil von Du-Subjektivität aufgebaut. Überdies ergibt sich aus dem obigen Schema, dass eine dreiwertige Logik, im Gegensatz zur klassischen Logik, einen hermeneutischen Charakter haben muss. Das wird ohne weiteres klar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es der Interpretation freisteht, die drei Werte dieser Logik entweder mit den drei thematischen Motiven Ich, Du und Es zu identifizieren oder aber mit den drei Komponenten Sein (Objektivität), Sinn (erste Subjektivität) und Akt oder Kommunikation (zweite Subjektivität). Beide Interpretationen sind einander ebenbürtig und können dreiwertig-widerspruchsfrei nebeneinander durchgeführt werden. Ihnen korrespondieren zwei verschiedene Formalismusbegriffe. Die klassische Logik kennt nur den einfachen Unterschied von logischer Form und Inhalt. Was für eine gegebene Stufe nicht Form ist, muss Inhalt (Material) sein. Das ist schon in der Aristotelischen Metaphysik genau ausgeführt und hat sich von da bis in die Gegenwart erhalten.
Dieser einfachen Dichotomie von Form und Inhalt, die auch die Kritik der reinen Vernunft noch vollkommen beherrscht und die selbst in der Hegelschen Logik nicht überwunden ist, tritt jetzt ein doppelter Formkonzept gegenüber, wodurch der vorher absolute Gegensatz von Form und Inhalt relativiert wird. Was Form und Inhalt auf einer gegebenen Stufe ist, hängt ganz von der durch die Interpretation gegebenen Anordnung der Motive ab. So ist z.B. die Ich-Subjektivität für sich selbst reine Form. Relativ zur Du-Subjektivität aber ist sie Inhalt. Der hermeneutische Charakter der neuen trichotomischen Struktur wird ersichtlich, wenn wir das aristotelische Schema mit dem vergleichen. Zweiwertig gilt der einfache ontologische Gegensatz:
Form — Inhalt.
Dreiwertig aber die hermeneutische Alternative:
Erste Form — zweite Form — Inhalt
oder
Form — erster Inhalt — zweiter Inhalt.
Versucht man auch hier nun an der klassischen Gestalt der Metaphysik d.h. einer Lehre vom (absoluten) Sein des (relativ) Seienden, festzuhalten, entdeckt man auf der Basis einer dreiwertigen Logik alle Seinsaussagen. Die Identität von Subjekt und Objekt kann Identität von erster oder zweiter Subjektivität mit dem Objekt sein, aber nicht beides. Denn beide Identitätsaussagen haben verschiedene logische Werte im trinitarischen System.