Primäre Modalitäten des Denkens

Technisches Denken
Theoretisches Denken
Praktisches Denken

Simondon, Gilbert (1958 / 2012). Die Existenzweise technischer Objekte. Zürich: Diaphanes. S.187f.

Die Ebene der primären Modalitäten des Denkens (technisch, religiös und ästhetisch) zeichnet sich durch den nur gelegentlichen Einsatz der Kommunikation und der Expression aus; gewiss, das ästhetische Denken eignet sich dazu, kommuniziert zu werden, und die Techniken, selbst die Religionen können in einem gewissen Maß erlernt, weitergegeben, gelehrt werden. Gleichwohl geschieht die Weitergabe dieser ursprünglichen Formen des Denkens eher in der direkten Prüfung und Erfahrung (épreuve), die es erforderlich macht, dass das Subjekt direkt in eine konkrete Situation versetzt wird; die Objekte, welche diese Denkformen schaffen, und ihre Manifestationen können unmittelbar einsichtig und verständlich sein; aber die Denkschemata, die Eindrücke und Normen, aus denen diese Denkmodi gebildet werden und aus denen sie sich speisen, gehören nicht direkt der Ordnung des Ausdrucks an; man kann ein Gedicht lernen, ein Bildwerk betrachten, aber dadurch wird nicht die Dichtung oder die Malerei gelehrt: Das Wesentliche des Denkens wird nicht vom Ausdruck übertragen, weil die verschiedenen Typen des Denkens Vermittlungen zwischen Mensch und Welt sind, und nicht Begegnungen zwischen Subjekten: Sie setzen keine Modifikation des intersubjektiven Systems voraus.
Die sekundären Modalitäten des Denkens hingegen setzen Kommunikation und Ausdruck voraus, sie implizieren die Möglichkeit eines Urteils, das den Knotenpunkt der expressiven Kommunikation darstellt, und sie beinhalten im eigentlichen Sinn Modalitäten, Haltungen des Subjekts gegenüber dem Inhalt seiner Aussage.
So führt die Technizität in gewisse Typen des Urteils, und insbesondere in das theoretische Urteil und in das praktische Urteil ein, oder doch zumindest in bestimmte Formen theoretischer und praktischer Urteile.