Typologie der Denkformen

Phantasie
Willensäußerung
Prozeß der Gedankenvermittlung

Ueding, Gert (1994). Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Band 2: Bie—Eul. Tübingen: Max Niemeyer Verlag. S.585/86. {s. Schleiermacher, F., Odebrecht, R., & Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. (1942). Friedrich Schleiermachers Dialektik. Leipzig: J.C. Hinrichs.}

Schleiermacher entwickelt eine dreistufige Typologie von Denkformen, die Willensäußerungen, Phantasie und den Prozeß der Gedankenvermittlung beinhalten.

Auf der untersten Stufe befindet sich das geschäftliche Denken, das nach dem Prinzip der Zweckrationalität die Herrschaft über die Natur und den Menschen garantiert. Innerhalb des sozialen Lebens ist das geschäftliche Denken dadurch bedingt, daß es der Mitmenschen zu dem beabsichtigten Tun bedarf. Hier wird die Gesprächssituation in der Rede konkret, die auf die Übereinstimmung von Willen für das gemeinsame Handeln zielt. Vom rhetorischen Anliegen, andere zu beeinflussen, hält Schleiermacher den Vorwurf der Manipulation unter der Prämisse fern, daß man eine beiderseitige Zufriedenheit zwischen Redner und Zuhörer zustandebringt.

Die zweite Stelle in Schleiermachers Typologie nimmt das künstlerische Denken ein, das solches bildend festhält und nach außen projiziert, was Wohlgefallen bewirkt. Es entbehrt folglich jeder Zweckgebundenheit und erfüllt sich im momentanen Akt des Subjektes, dem etwas gefällt. Konsequenterweise ist das dem künstlerischen Denken angemessene Gespräch die freie Mitteilung, die dank ihrer schönen Form eine inspirierende Macht ausübt.

Drittens stellt die Dialektik nach Schleiermacher eine philosophische Kunstlehre dar, die in einem die Theorie des Denkens und die direktiven Prinzipien für die Konstruktion verbindlichen Wissens enthält. Hierbei sind es wesentlich zwei Momente, die das Denken auf dem Weg zum Wissen leiten: einerseits ist die Übereinstimmung des Denkens mit dem Sein, andererseits das Zusammenstimmen der Gedanken und der Denkenden intendiert.