Das bürgerlich-moderne Subjekt

exzessiv
artifiziell
parasitär

Reckwitz, A. (2006). Das Subjekt des Konsums in der Kultur der Moderne: Der kulturelle Wandel der Konsumtion. In K.-S. Rehberg (Hrsg.), Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2 (S. 424-436). Frankfurt am Main: Campus.

Wie jede Subjektdefinition gewinnt auch das bürgerlich-moderne Subjekt seine Identität über eine Sequenz von Differenzen, die es zu dem in Opposition bringen, was es verwirft. Hier besetzt der Konsum aus systematischen Gründen eine herausgehobene Stellung. Generell bezeichnet die Negativfolie, von der die bürgerliche Kultur sich abgrenzt, ein Subjekt, das sich unter allen drei genannten Aspekten als amoralisch darstellt: das unbürgerliche Subjekt zeichnet sich nicht durch Mäßigung, sondern durch Exzessivität, nicht durch Natürlichkeit und Ernsthaftigkeit, sondern durch Artifizialität, nicht durch das Zweckvolle, sondern das Parasitäre aus. Ein solches Anti-Subjekt ist exzessiv, indem es ständig die Grenzen des rechten Maßes überschreitet, es ist artifiziell, indem es nicht das Natürliche respektiert, sondern mit kontingenten Bedeutungen und Imaginationen hantiert, schließlich ist es parasitär, insofern es Aktivitäten folgt, die jenseits des Nützlichkeitsanspruchs liegen. Verkörpert findet sich dieser anti-bürgerliche Habitus im aristokratischen Subjekt und seiner höfischen Gesellschaft, teilweise auch in der Volks- und Populärkultur.