Organismus

Stoffwechsel (Metabolismus)
Selbstreproduktion (Autopoiesis)
Mutagenität (Mutation)

Mittelstraß, Jürgen (Hrsg.) (2016). Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie (Band 6 O–Ra). Stuttgart, Weimar: Metzler. S.54.

In der Biologie wird ›Organismus‹ als Synonym für ›lebendes System‹ (↑Leben) oder ähnliche Begriffe verwendet, d.h. für solche Systeme, die als notwendige (wenn auch keineswegs hinreichende) Merkmale ›‹

(1) einen Stoffwechsel (Metabolismus),
(2) Selbstreproduktion und
(3) Mutagenität (↑Mutation) erfordern.

— In der philosophischen Tradition wird, entsprechend dem ursprünglichen Wortsinn (›Werkzeug‹), das funktionelle Zusammenwirken der Organe nach Analogie der Maschine verstanden. Noch G. W. Leibniz (Prine. nat. grace § 3, Philos. Schr. VI, 599; Monadologie § 63-64, Philos. Schr. VI, 617-618) und G. E. Stahl (Disquisitio de mechanismi et organismi diversitate, Halle 1706) lassen als ›organischen Körper‹ (corps organique) bzw. ›0rganismus‹ auch (im heutigen Sinne) Nicht-Lebewesen zu; z. B. ist eine gut funktionierende Uhr für Stahl neben einem bloßen Mechanismus auch ein ›0rganismus‹. Dasselbe gilt von A. N. Whitehead, in dessen ›philosophy of organism‹ die größeren Einheiten in der Natur als Systeme kleinerer Einheiten verstanden werden. In beiden Fällen handelt es sich um ›0rganismen‹, die Whitehead als funktionelle, raumzeitlich erstreckte Einheiten bestimmt. Der Begriff des 0rganismus verbindet so Biologie (größere 0rganismen) mit Physik (kleinere 0rganismen).