Näherer Begriff und Einteilung der Logik

Die abstrakte Seite der Logik
Die dialektische Seite der Logik
Die spekulative Seite der Logik

Hegel, Georg F.W. (1830 / 1986). Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil: Die Wissenschaft der Logik. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S.168ff.

§ 79 Das Logische hat der Form nach drei Seiten: ?) die abstrakte oder verständige, ?) die dialektische oder negativ-vernünftige, ?) die spekulative oder positiv-vernünftige. Diese drei Seiten machen nicht drei Teile der Logik aus, sondern sind Momente jedes Logisch-Reellen, das ist jedes Begriffes oder jedes Wahren überhaupt. Sie können sämtlich unter das erste Moment, das Verständige, gesetzt und dadurch abgesondert auseinandergehalten werden, aber so werden sie nicht in ihrer Wahrheit betrachtet. — Die Angabe, die hier von den Bestimmungen des Logischen gemacht ist, sowie die Einteilung ist hier ebenfalls nur antizipiert und historisch.

§ 8o ?) Das Denken als Verstand bleibt bei der festen Bestimmtheit und der Unterschiedenheit derselben gegen andere stehen; ein solches beschränktes Abstraktes gilt ihm als für sich bestehend und seiend.

§ 81 ?) Das dialektische Moment ist das eigene Sichaufheben solcher endlichen Bestimmungen und ihr Übergehen in ihre entgegengesetzten.

  1. Das Dialektische, vom Verstande für sich abgesondert genommen, macht, insbesondere in wissenschaftlichen Begriffen aufgezeigt, den Skeptizismus aus; er enthält die bloße Negation als Resultat des Dialektischen. 

Die Dialektik wird gewöhnlich als eine äußere Kunst betrachtet, welche durch Willkür eine Verwirrung in bestimmten Begriffen und einen bloßen Schein von Widersprüchen in ihnen hervorbringt, so daß nicht diese Bestimmungen, sondern dieser Schein ein Nichtiges und das Verständige dagegen vielmehr das Wahre sei. Oft ist die Dialektik auch weiter nichts als ein subjektives Schaukelsystem von hin- und herübergehendem Räsonnement, wo der Gehalt fehlt und die Blöße durch solchen Scharfsinn bedeckt wird, der solches Räsonnement erzeugt. — In ihrer eigentümlichen Bestimmtheit ist die Dialektik vielmehr die eigene, wahrhafte Natur der Verstandesbestimmungen, der Dinge und des Endlichen überhaupt. Die Reflexion ist zunächst das Hinausgehen über die isolierte Bestimmtheit und ein Beziehen derselben, wodurch diese in Verhältnis gesetzt, übrigens in ihrem isolierten Gelten erhalten wird. Die Dialektik dagegen ist dies immanente Hinausgehen, worin die Einseitigkeit und Beschränktheit der Verstandesbestimmungen sich als das, was sie ist, nämlich als ihre Negation darstellt. Alles Endliche ist dies, sich selbst aufzuheben. Das Dialektische macht daher die bewegende Seele des wissenschaftliehen Fortgehens aus und ist das Prinzip, wodurch allein immanenter Zusammenhang und Notwendigkeit in den Inhalt der Wissenschaft kommt, so wie in ihm überhaupt die wahrhafte, nicht äußerliche Erhebung über das Endliche liegt.

§ 82 ?) Das Spekulative oder Positiv-Vernünftige faßt die Einheit der Bestimmungen in ihrer Entgegensetzung auf, das Affirmative, das in ihrer Auflösung und ihrem Übergehen enthalten ist.

  1. Die Dialektik hat ein positives Resultat, weil sie einen bestimmten Inhalt hat oder weil ihr Resultat wahrhaft nicht das leere, abstrakte Nichts, sondern die Negation von gewissen Bestimmungen ist, welche im Resultate eben deswegen enthalten sind, weil dies nicht ein unmittelbares Nichts, sondern ein Resultat ist. 
  2. Dies Vernünftige ist daher, obwohl ein Gedachtes, auch Abstraktes, zugleich ein Konkretes, weil es nicht einfache, formelle Einheit, sondern Einheit unterschiedener Bestimmungen ist. Mit bloßen Abstraktionen oder formellen Gedanken hat es darum überhaupt die Philosophie ganz und gar nicht zu tun, sondern allein mit konkreten Gedanken.
  3. In der spekulativen Logik ist die bloße Verstandes-Logik enthalten und kann aus jener sogleich gemacht werden; es bedarf dazu nichts, als daraus das Dialektische und Vernünftige wegzulassen; so wird sie zu dem, was die gewöhnliche Logik ist, eine Historie von mancherlei zusammengestellten Gedankenbestimmungen, die in ihrer Endlichkeit als etwas Unendliches gelten.