Denkformen
Willkommen bei den Denkformen und Denkmodellen
Eine eigenverantwortliche Existenz bedarf nicht weniger als eine handelnde Umsicht (Arendt), die ihrerseits Motivation zu Wissen und Erkenntnis voraussetzt (Hume).
Mein Interesse an Formen des Verstehens, an »Denkformen« und ihren »Denkmodellen« hängt sicherlich mit meinem Interesse daran zusammen, was Platon als Vollständigkeit der Einsicht oder Immanuel Kant als ein »nach Prinzipien geordnetes Ganze der Erkenntnis« bezeichnete. Diese Ideen wecken meine ästhetische Neugierde und ich bekenne, dass ich den Begriff »Denkform« durchaus wörtlich nehme. Es ist eine interessante Vorstellung, dass unendlich viele lebende Wesen permanent Informationen ihres Körpers (Propriozeption) und ihrer Umwelt aufnehmen und verarbeiten (Kognition). Dieses Ganze, von dem Kant sprach, muß also ein flüchtiges Ganzes sein, das sich permanent neu darstellt — wäre es denn überhaupt darstellbar. Interessant ist die Frage danach, ob das, was wir wahrnehmen unabhängig von uns immer schon »da« ist oder, ob es sich durch die Art und Weise wie wir wahrnehmen und wie wir unsere Wahrnehmungsnetze auswerfen (Whitehead) überhaupt erst bildet. Es würde dann einen Unterschied machen, wie genau wir die Welt um uns herum wahrnehmen, mit welchen Organen und Sensitivitäten. Heinz von Foerster schrieb in »Wissen und Gewissen«: „Die Erregungszustände einer Nervenzelle kodieren nur die Intensität, aber nicht die Natur der Erregungsursache (kodiert wird nur: »So-und-soviel an dieser Stelle meines Körpers«, aber nicht was).“
Zu dem Organischen haben wir eine technische Ebene eingezogen, die Verständnis von Wahrnehmung technisch operationalisiert. Ich spreche hier nicht von den mechanischen Organprojektionen, die Ernst Kapp in seiner Technikphilosophie einst beschrieb. Ich denke eher an die hybriden Modellwelten der Gegenwart, die keinen brauchbaren Unterschied mehr liefern zwischen »Natur« und / oder »Technik«. Die Grenzen sind schon lange unscharf. Genau so unscharf ist heute das Verhältnis von Vernunft und Wirklichkeit („Was vernünftig ist, wird wirklich, und das Wirkliche wird vernünftig.“ G.W.F. Hegel, 1819)
Das Verstehen von Regelungs- und Steuerungsmechanismen, das Denken in vernetzten Wirkungsgefügen und Rückkoppelungen verspricht Macht — ist Macht. Mich interessiert die Kybernetik als »Rationalitätstypus«. In vielen sozio-politischen Zusammenhängen erkennen wir heute noch ihren vereinfachenden , kosmogrammatischen Charakter. Die reduktionistische Schlichtheit ihrer frühen Modelldarstellungen wirkt tief hinein in unsere Affektstrukturen, sie können erkenntnisleitend sein, sie können aber auch Mißverständnisse, Irritationen oder Dissoziationen auslösen. Ihre Ikonografie mag heute technisch wie ästhetisch überholt wirken, ihr vereinheitlichendes Denkmodell ist aktueller denn je. Es sind die Blueprints, die Operationsmodelle einer »Welt im genau-so-werden«.
Als experimenteller Mensch suche ich nach Möglichkeiten, die prinzipielle Nicht-Trivialisierbarkeit unserer Verhältnisse auf eigene Art und Weise deutlich zu machen. Mir geht es nicht darum, Wissenschaftsgeschichte zu betreiben, mir geht es um eine kreative Auseinandersetzung mit diesen »Objekten der Legitimierung« und um die Lust an produktiven Verwicklungen im Grenzbereich von Wissenschaft und Kunst. Mein Projekt »Denkformen | Denkmodelle« beinhaltet daher das Aufspüren und sorgfältige Präparieren und Archivieren solcher Modelle sowie deren experimentelle, freie Weiterverarbeitung (siehe »Assoziativmaschinen«).
Hinweis Diese Seite ist seit dem 12. Mai 2021 in Betrieb. Viele Dokumente und Materialien sind daher noch nicht erfasst.